Ein im globalen Vergleich niedriges Bevölkerungswachstum in den DACH-Ländern bzw. ein bevorstehender Bevölkerungsrückgang in Deutschland sowie die immer stärkere Präsenz des (vermeintlich) Englischen vom Coffee to Go bis zum Handy auch hierzulande lassen vielerorts vermuten, dass die Sprache von Goethe und Schiller mehr und mehr ein Schattendasein fristen muss. Doch wie auch ein Bericht der Neuen Zürcher Zeitung aufzeigt, wird nicht nur in Mitteleuropa auf Deutsch parliert. In den peripheren Regionen des Kontinents und ebenso auch am anderen Ende der Welt ist eine neue Welle an Faszination für die deutsche Sprache entfacht. Von Bangladesch bis zum Iran – von Neuseeland bis in die Niederlande wird Deutsch gelernt – eine Entwicklung, die hierzulande, wohl auch ob der oben genannten Gründe, noch nicht allzu stark wahrgenommen wird.
Speziell in Österreich scheint man sich manchmal (zumindest unterschwellig ist dies manchmal wahrnehmbar) schwer zu tun mit der Wertschätzung der eigenen Sprache. Zumal man hier ohnehin nicht Deutsch, sondern grundsätzlich einmal Deitsch spricht und man ohnehin meist schneller schätzt, was von weit her kommt. Dieser Umstand darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass der deutschsprachige Raum für vieles auch bewundert wird. So trifft man am Steffl in Wien oder im Haydn-Museum in Eisenstadt mitunter Japaner, die die hiesige Geschichte besser kennen als die Einheimischen selbst und Araber, die sogar die Regenschauer im Salzkammergut genießen. Und Australier wie Kanadier wissen vom Oktoberfest in München ohnehin mehr als nur ein Liedchen zu singen. Nicht außer Acht zu lassen als Erklärung des neuen internationalen Interesses für die deutsche Sprache ist last, but not least (:-) ) die wirtschaftliche Zugkraft Deutschlands.
Deutschland hat es wie nur wenige andere Länder geschafft, durch die Krise zu kommen und stand auch davor schon für Qualität, Genauigkeit und Innovation. Von China bis nach Rio erfreuen sich Autohersteller, Elektrogeräte und auch Industriemaschinen made in Germany großer Beliebtheit, während Toblerone und Sacher-Torte als die bekannten süßen Exportschlager der südlichen Nachbarn Deutschlands gelten. (Neben einer Reihe anderer Produkte und auch Weltmarktführer).
Laut dem Deutschen Auswärtigen Amt lernen derzeit rund 14,45 Mio. Menschen in aller Welt Deutsch. Also schon bald so viele wie die Bevölkerung Österreichs und der Schweiz zusammen. Tendenz steigend. Die Gründe für das Interesse an Deutsch liegen häufig in der Hoffnung einer besseren wirtschaftlichen Zukunft. In vielen Ländern können jungen Menschen heute keine ausreichenden Berufsmöglichkeiten mehr geboten werden. In Deutschland allerdings werden Spitzenkräfte gesucht. Zudem kommt die Begeisterung durch die Vielzahl an bekannten Wissenschaftlern, Künstlern und Schriftstellern zustande, deren Muttersprache Deutsch war bzw. ist wie Einstein, Freud und Goethe sicherlich bestätigen würden.
Sicherlich sprechen Millionen Menschen in anderen Ländern auch heute schon sehr gut Deutsch. So schätzt man, dass zu den 90 – 98 Millionen Muttersprachlern noch rund 80 Mio. Zweitsprachler dazu kommen, was Deutsch immerhin auf Platz 10 der am meisten gesprochenen Sprachen der Welt hievt. Viele Menschen, die bereits heute außerhalb der Länder mit Deutsch als Hauptsprache Deutsch verstehen, tun dies einerseits weil etwa in Ferienregionen wie an der Adria oder auf den Balearen Deutsche zur bevorzugten Gästegruppe gehören, andererseits aber auch aus geschichtlichen Gründen. Manchmal durchaus anderswo als man es erwarten würde. So versteht man nicht nur in Südtirol „Wo geht es hier zum Bahnhof?“, sondern ebenso auch in Prishtina, der Hauptstadt des Kosovo. Dort liegt der hohe Anteil an Deutsch-Sprechern/Sprecherinnen vor allem darin begründet, dass während des Krieges viele Menschen nach Deutschland flüchteten. Zahlreiche von ihnen in jungen Jahren, sodass sie deutsche Schulbildung genossen und auch im Freundeskreis Deutsch gesprochen wurde. Bei der Rückkehr in den Kosovo wird die Fähigkeit natürlich nicht abgelegt, sondern ist vielmehr ein lebenslanger Vorteil und Türöffner zu neuen Welten, wie es Sprachen immer sind.
Institutionelle Treiber der Faszination für Deutsch in aller Welt sind selbstverständlich Einrichtungen wie das Goethe-Insitut, ebenso aber auch die Vielzahl an deutschsprachigen Schulen. Ich selbst hatte Anfang des Jahres das Vergnügen, als Juror des Rezitationswettbewerbes in der deutschsprachigen Schule in Sopron/Ödenburg eingeladen zu sein und dort der großteils perfekten Aussprache der Schülerinnen und Schüler und zudem sogar einem ganz eigenen deutschen Ödenburger Dialekt lauschen zu dürfen, von dem ich bisher keine Kenntnis hatte.
Ausgerechnet das Internet, wo ein Großteil der Webseiten selbstredend in Englisch gehalten ist, liefert für Deutsch-Lerner eine willkommene Lern- und Lesemöglichkeit. So war Deutsch mit 6,1% der Webseiten auch 2013 noch die nach Englisch am meisten verwendete Sprache im Internet.
Hat die deutsche Sprache also das Zeug, um eine Weltsprache zu sein? Wer diese Frage beantworten will, muss nur einen Blick in die Vergangenheit wagen. Noch im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert hatte Deutsch den Stand einer führenden Wissenschaftssprache, den es infolge der beiden Weltkriege sowie der weiteren Verbreitung des Englischen wieder verlor. Interessant ist allerdings, dass Deutsch sogar in Bereiche, wo Englisch bislang Vorrang hatte, wieder an Bedeutung gewinnt. So etwa in der Musikszene, wo Bands wie Tokio Hotel dafür sorgen, dass sich junge französische, dänische und auch britische Fans plötzlich für die Fremdsprache Deutsch zu interessieren beginnen. Wie auch immer die Entwicklung weitergehen möchte, es macht sicherlich immer Sinn, sich mit anderen Sprachen zu beschäftigen und damit einen tieferen Einblick in andere Kulturen zu gewinnen und die Völkerverständigung untereinander zu verbessern.