Ein Startup zu gründen ist nicht schwer, eines zu führen dagegen…
Wir leben in einer Startup-Kultur. Zumindest in einer von Startups stark geprägten Kultur. Nicht nur im Silicon Valley, sondern auch in Israel, Peking, Berlin und Linz machen immer wieder Jungunternehmen von sich reden. Vor allem, wenn sie Millionen-Investments bekommen konnten, von Tech-Konzernen für hohe Summen aufgekauft wurden. Oder vielleicht auch noch wenige finanzielle Erfolge zu verbuchen haben, dafür aber mit innovativ neuen Ansätzen die Welt ein gehöriges Stück besser machen möchten und daher viel Aufmerksamkeit in der Gesellschaft genießen.
Eine wachsende Anzahl von Menschen fühlt sich von diesen Erfolgsmeldungen angezogen und überlegt, selbst ein Unternehmen zu gründen. Gerade in Ländern wie Deutschland oder Österreich tümpelt der Anteil der Selbständigen (https://www.wirtschaftundschule.de/unterrichtsmaterialien/unternehmen-und-markt/hintergrundtext/selbststaendigkeit-in-zahlen/) an den Erwerbstätigen um die 10 – 11 % herum und liegt damit etwa nur bei der Hälfte vieler anderer Länder. Auch ich bin ein Verfechter davon, dass eine höhere Quote an Unternehmerinnen und Unternehmern nicht nur der Wirtschaft, sondern vor allem der Gesellschaft guttun würde. Durch die Rahmenbedingungen, denen Unternehmerinnen und Unternehmer täglich unterworfen sind und der anderen Arbeitsweise, die sie an den Tag legen (müssen), sind sie geradezu gezwungen, anders zu denken und zu handeln. Viele dieser Elemente können sich positiv auf die Gesellschaft, in der wir leben, auswirken, hätten sie größere Verbreitung. Da es sich um eine eher kleine Bevölkerungsgruppe handelt, die zudem keine nennenswerte Lobby aufweist, bleibt ihre Bedeutung meist unterrepräsentiert.
Aller guten Dinge sind 3 – was über ein Startup selten erzählt wird
Mein erstes Unternehmen habe ich mit 18 gemeinsam mit einem Partner gegründet und auch bald wieder geschlossen. Aus einer Unternehmerfamilie kommend habe ich mich davon aber nicht abschrecken lassen, sondern wollte es bald nochmals wissen. Nach einiger Zeit Angestellten-Erfahrung in Konzernen habe ich mit 21 Jahren mein zweites Unternehmen gegründet und mit rund 40.000 Euro Schulden mehrere Monate später wieder geschlossen. Gerade dann, als ich von allen Seiten gedrängt wurde, doch bitte wieder in einen „sicheren“ Job zurückzukehren, startete ich mit officeworx (damals noch officework) mein drittes Unternehmen. Und diesmal klappte es. Seitdem sind nun knapp 12 Jahre vergangen.
Ich bin überzeugt, dass die Erfahrungen mit mehreren Anläufen, die ich sammeln durfte, etwas ist, das sich mit denen vieler anderer Unternehmerpersönlichkeiten deckt. Dennoch wird über diese Seite von Unternehmensgründungen viel zu selten gesprochen. Sichtbar ist meist nur der Erfolg am Ende bzw. bei einem erreichten Etappenziel. Etwa bei einem großen Umsatzziel, einem Startup-Investment oder einem Verkauf – wie viele Jahre davor das Gründerteam jedoch schwere Zeiten zu überstehen hatte, nicht wusste, womit die private Miete oder gar die Bürokosten oder Sozialversicherungen und Steuern bezahlt werden sollen – darauf fällt der Blick meist nicht, obwohl es sicherlich kaum Unternehmen gibt, die diese Phase in ihrer Historie überhaupt nicht kennen.
Startup-Leben: vom Lernen, wieder aufzustehen
Die größten Herausforderungen in dieser Phase zu Beginn sind meist folgende:
- Es sind noch keine oder geringe Umsätze vorhanden
- Fixkosten für Büro, eventuell Mitarbeiter, Hosting und andere Gebühren sind bereits vorhanden
- Steuern und Sozialversicherungsbeiträge sind bereits zu zahlen
- Eventuelle Kreditraten sind bereits zu zahlen
- Die Auftragslage ist noch nicht stabil
- Die Bürokratie mit Steuer-Abgabefristen usw. ist noch nicht zur Routine geworden
- Die Marke ist noch unbekannt
- Marketing-Kanäle gehören erst erprobt / trial and error, trial and error…
- Auch das Produkt ist oft noch verbesserungsfähig
- Prozesse sind noch nicht optimiert und werden erst mit der Zeit effizienter gestaltet
Mitunter ist diese Anfangsphase nach der Existenzgründung entscheidend für den späteren Erfolg vieler Unternehmen. Denn wer bereits hier ins Stolpern gerät, wird es bei den späteren Herausforderungen noch schwerer haben. Es sind die ersten Learnings, die hier gesammelt werden. Nach und nach wird hier ein Mindset antrainiert, das heißt „hinfallen und wieder aufstehen, hinfallen und wieder aufstehen“. Mit der Zeit wird klar – die Rückschläge sind ein ganz natürlicher Teil der Zyklen.
Gerade in Zeiten von Corona und den begleitenden Maßnahmen spüren viele Unternehmen wieder die nicht so schöne Seite dieser Zyklen. Auch officeworx merkt dies natürlich im eigenen Umfeld. Wir werden die Lage auf jeden Fall weiter im Auge behalten und auch weiterhin über unsere Gedanken zum Unternehmer/innenleben in solch turbulenten Zeiten berichten.
If you make it there, you make it anywhere
Der aus dem Sinatra-Song „New York, New York“ bekannte Ausspruch „wenn du es dort schaffst, schaffst du es überall“ wird dem Big Apple zugeschrieben. Unternehmer/innen hierzulande könnten aber oft auch den Eindruck haben, dass gerade die rot-weiß-rote Alpenrepublik prädestiniert wäre für diese Zuschreibung.
Laut dem Austrian Startup Monitor 2018 wünschen sich 70% der Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine Senkung der Lohnnebenkosten und einen Abbau der bürokratischen Hürden (Stichworte Registrierkassenverordnung und DSVGO). Ein Indiz dafür, dass es gerade jene, die Motor ihrer Region sein wollen, Arbeitsplätze schaffen und Wertschöpfung ins eigene Land bringen möchten, nicht einfach haben, sich auf die Entwicklung ihres Kerngeschäfts zu konzentrieren – ein Grund, warum viele auch ins Ausland gehen, wo einige dieser Hürden nicht gegeben sind – oder warum viele Ideen und Innovationen auch einfach nur schneller in Übersee entwickelt und groß ausgerollt werden, auch wenn die Ansätze hierzulande bereits vorher vorhanden gewesen wären.
81% der Gründerinnen und Gründer im Austrian Startup Monitor 2018 gaben an, dass sie die eigenen Ersparnisse als die bedeutsamste Finanzierungsquelle ansehen. Ein Zeichen, dass Venture Capital, ein Zuschuss oder auch Fremdfinanzierungen untergeordnete Rollen in Österreich spielen dürften. Ein Faktor jedoch, der es rasant wachsenden Unternehmen wie AirBnB oder Uber erst ermöglicht hat, ein Produkt in kurzer Zeit nahezu weltweit auszurollen und auf eine „too big to fail“ Größe zu bringen, noch lange bevor sie sich ernsthaft mit den bürokratischen, steuerlichen und versicherungstechnischen Hürden ernsthaft auseinandersetzen müssen, mit denen kleinere Unternehmen in den ersten Jahren nach der Existenzgründung konfrontiert sind. Dabei stellt sich die Frage, was ist eigentlich ein Startup? Denn nicht jedes Unternehmen, das sich als solches bezeichnet, ist es auch tatsächlich.
Was ist ein Startup?
Grundsätzlich ist der Begriff Startup nicht klar definiert, doch meist wird darunter ein junges Unternehmen verstanden, das 1) schnell wächst, 2) häufig im Software- oder Technologiebereich angesiedelt ist und 3) meist sogar einen erfolgreichen Exit (Verkauf) nach einigen Jahren Wachstum vorhat.
Laut dem Austrian Startup Monitor 2018 können nur 33% der Startups bei der Finanzierung auf Business Angels zurückgreifen. 81% der Gründerinnen und Gründer sehen das eigene Ersparte als die bedeutsamste Finanzierungsquelle an.
75% der Befragten wünschen sich eine Senkung der Lohnnebenkosten und 70% einen Abbau bürokratischer Hürden. Verfolgt man die Wirtschaftsnachrichten in diesen Bereichen, ist allerdings schnell zu erkennen, dass in den letzten Jahren hier keine deutlichen Erleichterungen zu verzeichnen waren. Sondern dass mit Gesetzen wir der Registrierkassenpflicht oder den DSVGO-Vorschriften vor allem noch zusätzliche Erschwernisse geschaffen wurden, die Kosten mit sich bringen, die vor allem kleinere Unternehmen vor große Herausforderungen stellen können.
53% der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Studie gaben (in Vor-Corona-Zeiten) an, die aktuelle Geschäftslage als gut oder sehr gut einzuschätzen. Nun sind dies immerhin über die Hälfte der Befragten, 47% sahen dies aber anders.
Wie arbeiten Startups?
Ein Unternehmen, das gerade erste gegründet wurde, besitzt in der Regel noch keine allzu starren Hierarchien. Dies macht Entscheidungsprozesse oft einfacher und die Betriebe flexibler. Auch auf Krisen lässt sich so oft flexibler reagieren. Auch die Mitarbeiter schätzen die flexiblen Arbeitszeitmodelle (75,9% der Befragten) und die größeren Möglichkeiten zur Mitsprache bzw. bei wichtigen Entscheidungen mitzuwirken (59%).
Interessant ist auch, dass sich viele Startups einen relativ langen Vorlauf einkalkulieren, bis sie profitabel sind. Nur 17,8% der befragten Unternehmen im Austrian Startup Monitor haben die Gewinnzone bereits erreicht. Für 0,8% hat Profitabilität keine Priorität. Der Rest erwarte, die Gewinnschwelle in den nächsten 1 bis 5 Jahren zu erreichen.
Geschätzt wird sicherlich auch die vergleichsweise lockere Arbeitsatmosphäre, die oft sehr amikale Züge hat. Wenn es um Teambuilding und neue Ideen geht, hat ein solches Arbeitsumfeld sicherlich seine Vorteile. Doch klar ist auch, dass sich kein Startup nur mit Tischtennis- und kreativen Coffee-to-Go-Pausen langfristig wirtschaftlich über Wasser halten kann. Es braucht eine gute Balance und nicht selten finden sich vor allem Gründer schnell in einem Arbeitsrhythmus, in dem Freizeit und 60-Stunden-Wochen fließend ineinander übergehen und die Grenzen dazwischen verschwimmen.
Mindset-Bildung oft wichtiger als Ausbildung
In einem Umfeld, das von viel Bürokratie geprägt ist, Mieten für Büros und Gewerbeflächen nicht immer leicht erschwinglich sind, das Personalthema meist kein einfaches ist und schlussendlich auch noch Marketing im Idealfall im Multichannelmodus „nebenbei“ betrieben werden soll, liegt es nahe, dass ein Startup entweder über finanzkräftige Business Angels verfügen sollte, die gleichzeitig als Mentoren und Kontaktknüpfer fungieren oder sich möglichst rasch ein widerstandsfähiges und krisenresistentes Mindset zulegen sollte. Besonders die Anfangszeit nach der Unternehmensgründung, aber auch die ersten Krisen werden von vielen als ein „Jonglieren“ umschrieben, das sich bald still und leise in die Startup DNA einfügt. Die Firmeninhaber gehen hier oft weiter als es Menschen, die ihr Leben lang angestellt waren, für sinnvoll oder gar gesund erachten würden. Der Grund dafür liegt oft darin, dass sie ihr „eigenes Baby“ trotz aller Mühen glücklich macht und sie dafür bereit sind, auch die schlechten Phasen durchzustehen.
Laut einer Volksbank-Studie sind Unternehmer glücklicher
Kennen Sie jemanden in Ihrem Umfeld, der freiwillig 58 Stunden pro Woche arbeitet, verteilt auf 6 Tage bis 7 Tage die Woche, sich mit lediglich 15 Urlaubstagen pro Jahr zufriedengibt und trotz alledem aber dennoch wesentlich glücklicher erscheint als die Menschen in seinem Umfeld, was den Beruf betrifft? Eine Studie der Volksbank Wien beschien genau dieses Ergebnis bei einer Umfrage unter 1000 Selbständigen.
Obwohl sie Woche für Woche ein hohes Arbeitspensum an den Tag legen und wenig Freizeit oder gar Urlaub haben, gaben 93% der Befragten an, mit ihrer Situation sehr zufrieden zu sein. Hauptmotivation dabei sei vor allem das hohe Maß an Selbstbestimmung und Freiheit.